Samstag, 27. August 2016



"Die Hand bewegt den Pinsel. Das Bewußtsein zieht daraus die Konsequenzen und bestimmt inhaltlich und formal die Richtung von Linie, Farbe und Form. Momente, in denen ich ratlos vor der Leinwand stehe, gibt es nicht. Wenn ich male, gehen beide eine enge Verbindung ein und das Eine ergibt das Andere"...Mit diesen programmatischen Sätzen analysiert Rolf Friederichs seine seit Ende der 60er Jahre nachweisbare, in ständiger Entwicklung begriffene abstrakte Malerei. Der Künstler verzichtet auf Skizzen und Vorentwürfe. Er nimmt nur in groben Zügen eine Bildeinteilung vor und lässt eine Räumlichkeit entstehen, die sich aus dem Malprozess entwickelt.




Die leicht und schwerelos aufsteigenden Farbformen haben keine real existierenden Vorbilder. Sie entstammen dem Unterbewußtsein des Künstlers und sind allenfalls Fragmente früher Erlebtem oder Gesehenem.  

Vom Ausmaß der Farben hängt im wesentlichen die Beachtung ab, die das Auge des Betrachters einer Fläche schenkt. Das Farbenspektrum konzentriert sich zunächst auf stille, verinnerlichte Werte, wie Dunkelbraun, Blau und Weiß: Sichtbar wie eine Scheibe vor einer imaginären Wand schwebend, groß, fragil und bizarr wirkt das 2001 entstandene Aquarell "Eisbruch" - Ein Blau, das sich im Blau widerspiegelt, blauer als blau. 'Blau', sagen die Psychologen, ist die Farbe der Ruhe, der Inspiration, der Kreativität, der Freiheit und der Romantik. 'Blau' programmiert das Gehirn des Betrachters auf Entspannung. Der Anblick des Aquarells 'Eisbruch' mit seinem Dreiklang aus Weiß, Grau und Dunkelblau lässt den Betrachter gelassen in die Ferne schweifen. Vielleicht wartet ja hinter der blauen Unendlichkeit ein neues Leben auf uns, das sich bald als als positiver Quell in hellen Gelb- und Rottönen äußert und die Gleichförmigkeit durchbricht.
     


 


So wichtig wie die Farbe ist die Linie. Stärker als der malerische Ausdruck ist der Zeichnerische. Der Künstler handhabt den Pinsel häufig wie eine Zeichenfeder und verleiht mit Hilfe eines nervösen Spiels kurzer und langer, dicker und dünner Linien dem Bildganzen seine eigene Psyche und Dramatik. Eine gewisse Unruhe teilt sich dem Betrachter mit, denn als unbeschwerte Farbspiele kann man diese Bilder nicht bezeichnen. 




Diese Werke leben. Ihre Farben 'atmen'. Der Betrachter hat aufgrund der Durchlässigkeit des Farbauftrags die Möglichkeit, selbst kreativ zu werden und Fehlendes für sich zu ergänzen. Große Kunstkenntnisse setzen diese Werke auch nicht voraus. Man soll ganz einfach schauen und trauen in das, was man sieht. 

Anke Friederichs 





 






               







Montag, 15. August 2016


'Emotionsräume' oder 'Stimmungslandschaften' nennt Rolf Friederichs seine Aquarelle, von denen er hofft, dass sie im Betrachter Schwingungen auslösen und ein Interesse in ihm wecken für neue Erfahrungen: Das können Aspekte wie die Schönheit des Lichts, der Natur, des Klanges und des Duftes sein, um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Neben diesen bestimmten Dingen strebt der Künstler auch einen Ausgriff auf die verschlüsselten Dimensionen des Verborgenen an. Seine Werke sind ganz und gar nicht mehr Spiegel der Natur, sondern die Erfindung einer neuen Wirklichkeit. Der Künstler macht deutlich, dass seine Kunst ihren Rückhalt in der Realität sucht, jedoch nicht im Sinne eines Abbildes.






Aus dem  Kontakt mit der unmittelbaren landschaftlichen Umgebung erweitert der Künstler seinen Erfahrungshorizont. Durch den Austausch mit der Natur gelingt es ihm, die Anzahl seiner Form- und Gestaltungsmittel zu erweitern.
       
Je nach Farbauftrag erzielt Rolf Friederichs einen mehr oder weniger zarten Farbschleier, sodass der Eindruck entsteht, als hätte das Licht die einzelnen Teile in farbige Reflexe aufgelöst, die sich aus einer gewissen Distanz betrachtet vermischen und zu einem Ganzen verbinden. 




Nichts Monumentales und Pathetisches haftet diesen Bildern an. Eher etwas Gestisches in Form atmosphärischer Spannungen und Strömungen. Das Wesentliche beruht in dieser Malerei auf der Tatsache, daß der Künstler im rechten Augenblick zu malen aufhört und das Werk auf wenige Grundelemente reduziert. Was wir vor uns haben, sind keine Postkartenmotive. Die Stärke dieser Bilder liegt im leisen Andeuten, in der Vorahnung eines Ereignisses oder Prozesses. Diese Werke 'schlafen' nicht. Sie sind explosiv, aber sie drängen sich nicht auf. Der Künstler findet stets zu einem Gleichgewicht ruhiger und aufbäumender, greller und gedämpfter, kalter und warmer Farbtöne.    

Anke Friederichs



Aquarelle auf handgeschöpftem Büttenpapier, 21 x 15 cm 






Parsifal 


Parsifal, 1993, Acryl auf Leinwand, 160 x 250cm 



Inspiriert von Richard Wagners 1857 entstandenen musikdramatischen Werks 'Parsifal' schuf der Künstler eine Malerei, welche die Handlung auf den dominierenden Erlösungsgedanken konzentriert. Sehr früh verband man den Gral mit der christlichen Tradition der Eucharistie. Dieser Gral mit dem Blut Christi ist das zentrale Motiv in Gestalt einer roten Schale und leuchtet in einem magischen Lichtschein. Sie wird von Gralsrittern bewacht, die auf der rechten Bildhälfte in Form schwarzer Schattenrisse sichtbar sind. 
Rolf Friederichs schreibt dem 'Schwarz' eine hemmende und blockierende Wirkung zu. Es verkörpert den hoffnungslosen Zustand einer von Krankheiten, Siechtum und Missernten heimgesuchten Gesellschaft, die nun auf einen Helden wartet, der den Gralskönig erlösen kann. Diesen Held verkörpert Parsifal. Auf seinem Weg zur Gralsburg muss er sich allerdings diversen Herausforderungen stellen: Auf der linken Seite finden sich vielschichtig aufgetragene Farblasuren aus Rot und Blau, welche stellenweise um pinkfarbene Farbfelder erweitert und bereichert werden. Diese zartrosa Schattierungen deuten auf die unschuldigen Verlockungen der Mädchen im Zaubergarten nahe der Gralsburg hin, denen Parsifal erfolgreich widerstehen und entfliehen wird. Durch die guten Taten dieses Helden kommen die positiven Eigenschaften des Grals zum Tragen in Form heller Gelb ins Weiß sich brechender Farbtöne, die in der Bild beherrschenden Erlösungssymbolik des Kreuzes ihren szenischen Höhepunkt finden. Was eben noch trostlos und hoffnungslos schien, entwickelt plötzlich eine farbenfroh strahlende Pracht. Nichts scheint von einer so magischen Leuchtkraft wie das Licht, welches von jenem Gral ausgeht.