Donnerstag, 14. Dezember 2017





Radierung auf handgeschöpftem Büttenpapier, 2007, 19 x 19 cm


Verklärter Herbst

Gewaltig endet so das Jahr 
Mit goldnem Wein und Frucht der Gärten.
Rund schweigen Wälder wunderbar 
Und sind des Einsamen Gefährten. 

Da sagt der Landmann: Es ist gut. 
Ihr Abendglocken lang und leise 
Gebt noch zum Ende frohen Mut. 
Ein Vogelzug grüßt auf der Reise

Es ist der Liebe milde Zeit 
Im Kahn den blauen Fluss hinunter 
Wie schön sich Bild an Bildchen reiht -
Das geht in Ruh und Schweigen unter. 
              
Georg Trakl (1887-1914) 




Samstag, 9. Dezember 2017




Radierung auf handgeschöpftem Büttenpapier, 2007, 19 x 19 cm



Winternacht 

Verschneit liegt rings die ganze Welt 
Ich hab nichts, was mich freuet, 
Verlaßen steht der Baum im Feld, 
Hat längst seien Laub verstreuet. 

Der Wind nur geht bei stiller Nacht
und rüttelt an dem Baume, 
Da rührt er seine Wipfel sacht
Und redet wie im Traume. 

Er träumt von künftiger Frühlingszeit, 
Von Grün und Quellenrauschen, 
Wo er im neuen Blütenkleid
Zu Gottes Lob wird rauschen. 

Joseph  Freiherr von Eichendorff (1788-1857)

Dienstag, 5. September 2017



'BRAUNES LAND' I-III  

Der Mensch ist nicht grundsätzlich allem Neuen gegenüber positiv aufgeschlossen. Häufig ist das Bewußtsein des Einzelnen dem raschen Wechsel veränderter Wohnsituationen auch nicht gewachsen. Altgewohntes und Bekanntes, welches wir seit Kindesbeinen kennen, sind Orte, an die man sich meistens gern erinnert und wohin wir auch immer wieder zurückkehren. Dazu gehören Altstadtviertel, Straßenzüge und nicht zuletzt Parkanlagen oder Landschaftsgärten. Sie ziehen mehr als ein Gebäude die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich, weil ihre Erfahrungswerte nicht allein vom 'Sehen' ausgehen, sondern all das miteinschließen, was die Welt um sie herum ausmacht: die Geschichte einer Stadt, das Dasein ihrer Bürger und deren Sehnsüchte nach Idylle, Ruhe, Romantik, Alltagsflucht und nach Begegnungen. Jeder Garten will eigentlich ein Garten Eden sein und jede Zeit hat ihre eigenen paradiesischen Vorstellungen. Da, wo die Stadt aufhört oder wo wie sich aufzulösen scheint, besteht eine Chance für die Bevölkerung, ein angenehmeres Leben zu führen. Aber diese Orte sind verletzbar. Denn die Natur samt Mensch und Tier wird zunehmend von hohen Betonschluchten, Brücken, Schnellstraßen und anderen für die Menschheit 'absolut nützlichen' Dingen ins Abseits gedrängt. Nichts bleibt am Ende zurück. Kein Baum, kein Strauch, kein Andenken, keine Erinnerung, sondern Entfremdung. Rolf Friederichs schildert ihre Zerstörung und damit verbunden, die Aspekte des 'Ausgeliefertseins' und der 'Verlorenheit' in seinem 1998 entstandenen Triptychon 'Braunes Land'.  In ihm wird deutlich, dass das einst als selbstverständlich verstandene Wachsen und Gedeihen der Natur mit einem Mal hinfällig und vergänglich sein kann. Der Künstler erschafft 'Schwebezustände' mit Gegenständen aus dem Naturbereich, die ihren groben Umrissen nach nur erahnt werden können. Jedes Bild steht für sich. Der Betrachter braucht sich nicht seitlich jedem einzelnen Werk anzunähern, um die Bilder untereinander in Beziehung zu setzen.


Für den Entstehungsprozess aller drei Werke aber sind zwei Handlungsweisen entscheidend: die großzügige Aufteilung in diagonal oder senkrecht verlaufende Ebenen und deren gegenseitige Abgrenzung durch einen nervös, fahrigen aggressiv-linearen Pinselduktus. Manche Bilder wirken haltlos und endlos, als fehle ihr gestalterischer Schwerpunkt wie in 'Braunes Land I', wo ein diagonal einseitiges Wegenetz die Leinwand von links nach rechts überspannt, als bliebe einem nur der Weg von A nach B oder von C nach D und umgekehrt. Das Auge des Betrachters springt hin und her und findet keine Bestimmung. Zerrissenheit breitet sich aus. ... Die Angst steht im Raum, dass aufgrund rein funktionaler, auf das Essentielle gerichtete innerstädtische Planungen, grüne Zwischenräume, und mit ihnen auch der Garten, völlig aus dem Blickfeld rücken. ...

Spannungsreich liest sich auch das Werk 'Braunes Land II': Schicht um Schicht wirkt der Eindruck gesteinsähnlicher Ablagerungen, Erdwälle oder getrockneter Holzstöße, die ohne Rücksicht auf ihre plastische und gegenständliche Qualität scheinbar übergangslos auf der Bildfläche verteilt wurden. Schlierenartig durchziehen schwarze und weiße aus der Tube gepresste Linien die Bildfläche.  Alles Leben ist gewichen. Das Bild ist wie der Verfall des Schönen, einer einst perfekten, kraftvollen Natur, die nun den Eingriffen der Zivilisation nicht länger standzuhalten vermag. Dabei variiert der Künstler nicht nur die unterschiedlichen Farbwerte, sondern er legt besonderen Wert auf ihre Erscheinungsweisen. 'Schwarz' etwa besitzt eine andere physische Präsenz als 'Braun' und 'Beige'. Der Grafiker bedient sich nicht nur dieser Farbe, sondern er betont ihren Eigenwert, indem er sie unverdünnt, ohne Substanzverlust aus der Tube in mehreren Schichten auf die Leinwand presst. Zum Einen werden Akzente freigesetzt. Gleichzeitig gelingt es Rolf Friederichs durch die reine, reflektierende Oberfläche von 'Schwarz' die Spannung zwischen den Flächenformen aufrecht zu erhalten. Der Betrachter wird Zeuge eines Kräftespieles nahezu gleichstarker Substanzen, welches sich schließlich zugunsten der dunklen Farbtöne auf die rechte Seite des Bildes verlegt. Ein Gefühl der Ohnmacht vermitteln die übereinander und nebeneinander sich türmenden Schichten aus Steinen und Geröll. Reste von Ast- und Strauchwerk sind kaum zu verorten.

Die fast eindimensionale Linienführung der Studien 'Braunes Land II und III' lassen auf den ersten Blick beide Werke zum Verwechseln ähnlich erscheinen. Bei genauem Hinsehen verdichtet sich im dritten Bild nicht nur der Leerraum zwischen den Flächen. Ihre Farbtöne wirken abwechslungsreicher: Ein warmer dunkler Grauton im Wechsel mit Orange- und Rosttönen beleben die Oberfläche. Ihre Umrisse lassen den Betrachter im Ungewissen, ob er es mit Abstraktionen oder realen Dingen der Natur zu tun hat. Manches erinnert an Herbstlaub, an Äste und Zweige. Mit einem rasanten fast hektischen Pinselstrich sind die Arrangements so angeordnet, dass der Eindruck entsteht, der Künstler sei selbst das Opfer einer plötzlich einbrechenden Naturgewalt, deren Ausgang er selbst nicht einzuschätzen vermag. Dann wieder schieben sich helle unbehandelt weiße Farbflächen dazwischen. Wie ein Nebel, teils seltsam kreidig und vage breiten diese sich über die Leinwand aus und beginnen alles, was sich ihnen nähert, zuzudecken. - Eine Unfarbe also, die das Ganze auslöschen und im Keime ersticken soll?! Nur an den seitlichen Ausläufern strahlen helle Gelborangetöne. Der Künstler drückt vor dieser optischen Haltlosigkeit seine tiefe Resignation aus. Von dem 'Andenken' ist nichts geblieben. Das schwarzgebräunte Holz zeigt die Zerstörung auf. Vorbei und unwiderbringlich ist alles Leben ausgelöscht. Nicht einmal der Name des Platzes, der sich an jener Stelle befand, hat überlebt. ... Der Betrachter spürt, dass sich in diesem Bild eine malerische Handlung ausbreitet, die keine kalkulierten Brüche, sondern Spuren individueller Willkür aufweist.

Anke Friederichs



'BRAUNES LAND I', 1998, Acryl auf Leinwand, 98 x 118 cm

'BRAUNES LAND II', 1998, Acryl auf Leinwand, 98 x 118 cm

'BRAUNES LAND III', 1998, Acryl auf Leinwand, 98 x 118 cm






Donnerstag, 10. August 2017


'VISIONEN' 1998



Unser Dasein ist einer fortschreitenden Rationalisierung unterworfen. Das Zweckmäßige beeinflusst das äußere Umfeld und beherrscht zunehmend unsere persönliche Intimsphäre. Je enger wir uns eingeengt fühlen, desto mehr drängt es jeden Einzelnen, die auferlegten Zwänge zu durchbrechen, um alternative Lebensformen anzustreben. - Raus aus den übervölkerten Städten, wo grüne Oasen eine Seltenheit sind und Parkanlagen lukrativen Investoren weichen müssen, hin zur unberührten Natur, um nicht an der Beengtheit und Begrenztheit dichtest besiedelter Stadtinnenräume zugrunde zugehen.
  
Dem abstrakten Maler Rolf Friederichs gelingt die Flucht auf rein malerischem Weg. Er genießt das Privileg, sich seine Welt neu zu erschaffen und betrachtet die Kunst als Mittel zur Selbstheilung: Mit einer Malerei, die die eigene Phantasie befügelt und ihn fortträgt in ein Reich, in dem Flüsse unbegradigt, feine Zickzackläufe in die zartgrünen Wiesenauen graben....Wo das reich differenzierte, violett schimmernde Blau an den Glanz südlicher Meere erinnert und weiße Lichter eine glasklare Wasseroberfläche zaubern und den Betrachter tief, bis auf den Grund des Meeres, blicken lassen.

Ist die abstrakte Malerei, weil gegenstandslos, gestaltet oder unterliegt sie im Zweifelsfalle dem Zufall? Friederichs' Werke sind das Gegenteil einer Improvisation aus Linien und Flächen. Sein Pinselstrich ist nicht gefühlsmäßig und willkürlich, sondern präzise und kraftvoll. In unzähligen Aquarellen haben sich im Künstler die Landschaftseindrücke seiner näheren Umgebung verfestigt. Aus diesen 'Seherlebnissen' filtert der Künstler ausschnitthaft Elemente, die die Erfüllung all dessen für ihn beinhalten, was er in Wirklichkeit vermisst. Er selbst nimmt sich halb aus dem Arbeitsprozess zurück, lässt teilweise dem Fluss der Farbe ihren Lauf, um eine Kunst zu schaffen, die halb auf sich selbst gestellt ist und doch Beides in sich trägt: die Natur, ohne sie zu reflektieren und den Künstler, ohne ihn hervorzuheben.

"Die Farbe ist nicht Träger, nicht gesetzt für etwas, sondern Gestalt an sich", beschreibt der Maler Ernst Wilhelm Nay (1902-68) seinen künstlerischen Leitfaden. Auf Rolf Friederichs' Triptychon sind die Farben unterschiedlich in ihrer Form und ihrer Zusammensetzung. Mal präsentieren sie sich nahtlos einfarbig, als an den Seiten  ausgefranste Ebenen, dann wieder quellend, schäumend, rauh wie ein Wasserfall. Auch wenn der Betrachter mit einem ungebrochen, klaren, undifferenzierten Rot konfrontiert wird, wie auf dem mittleren Bild, trügt der Schein des festen Untergrundes. Denn die schwarzen, wie Bleiruten eines Glasfensters auf der Rotfläche lagernden Linien schaffen kleine Unebenheiten und deuten durch ihre instabile Lage darauf hin, dass etwas, das im Werden begriffen ist, noch nicht endgültig Gestalt angenommen hat. Alles bleibt in der Schwebe. Der eigentliche Zeitpunkt einer Verfestigung ist nicht erreicht. - Es ist eine andere Komposition, die den Werdeprozess in seinen wichtigsten Grundzügen darstellt und nicht weiter verkürzt werden kann. Mit  wenigen, sich verdichtenden Pinselstrichen bringt der Künstler das Wesentliche auf den Punkt. - Scharf ist die Polarität von Rot und Schwarz herausgearbeitet.      

Anke Friederichs
 



'Visionen' (1998), Triptychon, Acryl auf Leinwand, je 123 x 100 cm


Freitag, 21. Juli 2017



INFERNO I-III





... Rolf Friederichs möchte den Kräften auf den Grund zu gehen, die maßgeblich für die Erhaltung der Materie veranwortlich sind. Deshalb, sagte er, sei es Aufgabe der Malerei, sich nicht an den Oberflächen der Gegenstände zu orientieren, sondern ihr 'Innerstes' zu ergründen: "Wir müssen die Dinge tiefer sehen, indem nicht wir über sie hinweg, sondern in Sie hineinschauen". Der Künstler malt die Welt anders.
Auf dem Triptychon, 'Inferno' (1999) bleibt Friederichs der  Wirklichkeit durchaus nahe. Aber er schaltet das Gegenständliche aus. Linien und Flächen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Durch Rhythmen, Blitze und Entladungen vermitteln sie uns einen Eindruck von den 'Werdeprozessen', die die Erdkruste durchdringen. Man kann die vielfältigen Bewegungen nachempfinden. Die Palette ist einfach. Rot und Schwarz bilden das bestimmende Kontrastpaar. Beide kommen stark verflüssigt, in transparenten Schichten zum Einsatz: In vollendeten Wogen drängt das Rot zur Mitte des Bildes und entlädt sich wie ein gewaltiger Feuersturm. Das Schwarz hakt sich nur an wenigen Stellen in der Rotmasse fest. Seine felsartig aus der Tiefe ragende Masse kann den Kräften der Rotmasse nicht widerstehen. Zu schwach, sich seiner Gewalt zu widersetzen, zieht es sich zusammen und in sich zurück.
Gewiss, die Farben lösen sich von ihrer beschreibenden Funktion. Es gibt kaum Formen und keine Objekte. Zwischen Intuition und Vernunft hat der Künstler eine Komposition geschaffen, die den 'Werdeprozessen' in ihren wichtigsten Grundzügen nachspürt: Die beherrschenden Farbtöne existieren nicht nebeneinander, sondern bilden ein wechselseitiges Kräfteverhältnis. Farben, Linien und Flächen sind freier, aber ausdrucksstärker und mit einer unfehlbaren Genauigkeit auf die Leinwand geworfen. Sie machen den wesentlichen Gestaltfaktor der Kompostition aus und sorgen dafür, dass der Betrachter nicht außerhalb, sondern in das 'Farbendrama' miteinbezogen wird. Der 'Werdegrund', wie Rolf Friederichs ihn versteht, ist aufwühlend und mitreißend zugleich.  

Der Mystiker Jakob Böhme (1575-1624) hat sich mit der Frage nach der Entstehung und dem Sinn des Bösen intensiv auseinandergesetzt. Er sah in Gott, so sehr er ihn als 'alliebend' schätzte, den Ursprung aller Dinge, auch des Bösen, das zur Schaffung des Guten notwendig ist. Der Mensch, als von Gott erschaffen, lebt in der Polarität des Werdegrundes. Er ist Beides: Dunkel und Licht, Gut und Böse, Liebe und Zorn. Die abstrakte Malerei des 'Werdegrundes', wie Rolf Friederichs sie versteht, nimmt weder auf ein bestimmtes Ereignis bezug noch besitzen die Farben Symbolcharakter. Aber sie bergen Stimmungswerte. Das helle Rot tritt in lebhafter und zugleich gedämpfter Form in Erscheinung. Es ist als Gleichnis jeglichen Werdens - in der Natur, im Menschen, in seiner Geschichte, vielleicht im Weltgrund selbst zu verstehen. 'Schwarz' hingegen wirkt "passiv und stimmt schwermütig". Der Farbton wird allgemein mit Finsternis, Dunkelheit, Abgrund und Hölle gleichgesetzt. Er kann aber auch für 'geistige Blindheit', für die eigene Unzulänglichkeit stehen: Der Mensch, der leichtfertig über das Schöne, über Kunst und Natur hinwegsieht, ohne sich der Konsequenzen seines Handelns bewußt zu sein ...

Anke Friederichs


Inferno (1999), dreiteilige Komposition, Acryl auf Leinwand, je 130 x 90 cm




  

Montag, 26. Juni 2017


..."Meine Bilder", sagte Rolf Friederichs, "entstehen im Kopf. Beim Malen halte ich die Formen fest, die gedanklich als Bild bereits Gestalt angenommen haben". Im Vordergrund einer solchen Malerei steht immer auch das experimentelle Interesse des Künstlers nach Farb-, Licht und Schattenwirkung. Auf dem Gemälde, 'Alpha-Omega', wird die Bildfläche mittels einer das Bild durchschneidenden diagonalen Bogenform dominiert. Harmonisch ausgewogen wirken die angrenzenden Flächen, oben und unten, links und rechts der Bogenform. Der Künstler verliert sich nicht in Einzelheiten, sondern er bevorzugt die große zusammenhängende Form. Die Farben scheinen rein und transparent. Die Weichheit ihres Pinselauftrags wird durch den metallisch harten Linienkontur der Bogenform aufgehoben. ...

Anke Friederichs



'Himmelsbogen', 2003, Acryl auf Leinwand, 120 x 130 cm

 
'Alpha und Omega', 2005, Acryl auf Leinwand, 120 x 130 cm
     

Montag, 19. Juni 2017

ENERGIEFLUSS 



Auf dem Gemälde "Energiefluss" stellt sich nicht die Frage nach dem Verhältnis des Malers zur sichtbaren Natur: Der Künstler experimentiert mit unterschiedlichen Materialien, Chinesische Tusche, Pigment und Acrylfarbe, die er zuweilen direkt aus der Tube auf die Leinwand presst. Ein eigenartig duftiger 'Farbkreis' aus sich verdunkelnden dann wieder aufhellenden Pastelltönen überzieht wirbelartig die Leinwand. Friederichs' Linien und Formen sind nach seinem Gefühl und fast ohne bewußtes willentliches Eingreifen entstanden. Was er auf die Leinwand zeichnet, sind keine Bilder im herkömmlichen Sinne, sondern Ereignisse, weshalb kein Werk dem anderen auch nur annähernd gleicht. Jedes Bild stellt für sich ein Unikat dar. Einen treffenderen Titel wie "Energiefluss" hätte der Künstler kaum wählen können, denn der fließende Rhythmus von Farben und Formen ist beinahe physisch nachvollziehbar: Zarte auf die Leinwand gemalte Linien verbinden sich mit farbigen Flächen, werden schließlich von einem Strudel fortgerissen und verlieren sich im türkisblauen Grund. Wie aus dem Nichts entwickeln sich neue Linien und Flächen, die akzentuierter als die vorhergehenden ausfallen und einer bestimmten Bewegungsrichtung zugeordnet werden können. Im Ganzen betrachtet entsteht der Eindruck einer kreisenden, immer wieder an ihren Ausgangspunkt zurückkehrenden Figur.   

Anke Friederichs  



'Energiefluss', Acryl und Tusche auf Leinwand, 177 x 192 cm


      

Dienstag, 2. Mai 2017


Durchbruch I und II




Nach der Befreiung der Farbe von ihrem gegenständlichen Bezug wird auch das 'Licht' zu einem der Hauptthemen in Rolf Friederichs' 1999 entstandenem Diptychon, 'Durchbruch I und II': Der Künstler verzichtet auf kräftige Farben und neigt unter dem Einfluss des Aquarells zu einem durchlässigen Pinselauftrag. Der Betrachter sieht sich hellen, ins Weiß gebrochenen Farbtönen gegenüber. Selbst Schwarz wirkt leuchtend, das dunkle Violett transparent. Friederichs spürt den Werdeprozessen der Natur nach, wobei sich hier die Entfaltung von Knospen und Keimen eruptionsartig, in Form eines heftigen Farbwirbels aus zarten Gelborangetönen äußert. Die Farbe allein ist nicht das bestimmende Element, sie tritt mit Formen und Linien in ein wechselseitiges Kräfteverhältnis, welches sich zugunsten des einen oder anderen Bildelementes entscheidet. 
Wie die Flächen und Farben besitzen auch die Linien keine rahmende Funktion, noch sind sie stützend oder umschreibend. Sie erklären auch nichts. Mal geschwungen, dann gebrochen oder gerade, in Schwarz oder Weiß, haben sie sich zu etwas Eigenständigem und über sich selbst Hinauswachsendem in Friederichs' Landschafts- und Geschehnisräumen entwickelt.                

Anke Friederichs



'Durchbruch I und II', 1999, je 120 x 100 cm, Acryl auf Leinwand









Samstag, 22. April 2017

Roter Horizont




'ROTER HORIZONT', 1999, Acryl auf Nessel, 100 x  125 cm

OHNE TITEL, 1999, Acryl auf Nessel, 100 x 125 cm  



An Bildern, wo der Betrachter Landschaftsprospekte zu erkennen glaubt, wie 'Roter Horizont', ist man eigentlich der Illusion unfaßbarer Fernen erlegen. Unzählige Hügel und Flüsse durchziehen beide Landschaften. Die Bildräume erstrecken sich über die Grenzen der Gemälde und erwecken den Eindruck des Weiten und Tiefen. Was jene Bilder aussagen, ist, dass der Mensch umgeben ist von Mächten, die außerhalb des normalen Vorstellungsvermögens liegen und mit dem 'Hier' und 'Jetzt' nicht faßbar sind. Diese Unbestimmtheit und jenes Gefühl der Grenzenlosigkeit gehören zu den auffallendsten Eigenschaften seines Werks.

Anke Friederichs

Freitag, 7. April 2017

Der zerrissene Vorhang



Markus 15,38

Und der Vorhang im Tem-
pel zerriß in zwei Stücke von 
oben an bis unten aus,
die Erde bebte, Felsen zersprangen,
...






'Der Zerrissene Vorhang', 2001, Acryl auf Leinwand, 140 x 400 cm


In dem Diptychon, 'DER ZERRISSENE VORHANG' (2001), geht es Rolf Friederichs vor allem darum, die Natur mit den Mitteln einer strengen intellektuellen Disziplin wiederzugeben. Die Farbmassen beider Werke sind gesteuert: Sie bilden ein bestimmtes Formverhältnis und stehen ohne vermittelnde Zwischentöne direkt nebeneinander. Linien und Striche sind vorhanden, treten aber härter, bestimmter und absoluter in Erscheinung als in den vorhergehenden Werken. Der Künstler möchte, wie er es selbst formuliert, seine 'Pinselarbeit' weniger sichtbar machen und umschreibt seine Formen mit gezielten Konturen. Zuweilen rundet er sie auch ab oder er verlagert ihre Achsen, sodass der Eindruck entsteht, als würden sie sich nach innen einbiegen. Details und Überladungen werden eliminiert, die Farbpalette auf wenige Grundtöne reduziert. Der Reiz des Diptychons beruht auf der Gegenüberstellung heller Gelb- und Blautöne. 
Friederichs hat dem 'Blau' schon die unterschiedlichsten Farbstufen abgewonnen. Von wolkenverhangenem, verwaschenem Blau  hin zu Blaunuancen, die schwarz überschattet sind. Keine dieser Farben ist so klar und faszinierend wie das 'Blau' auf dem Diptychon.
Zahlreicher treten nun auch religiöse Themen in den Vordergrund. Man kann den Titel des Werkes auf sich und die eigene Lebenssituation beziehen oder das Bild einfach als Landschaftsprospekt aus bruchstückhaften Felsformationen auf sich wirken lassen.

Anke Friederichs

Mittwoch, 29. März 2017




 
Kreuzigung und Auferstehung


Passion, Triptychon, 1996/1997, Acryl auf Leinwand, je 160 x 140 cm


Auf der linken Seite kämpfen zwei Engel in Verkörperung des 'Guten' und 'Bösen'. Das Bild drückt das Leiden der gesamten Menschheit aus. Sein Ende wird in der Mitte des Triptychons, auf der Darstellung des "Weltgerichts" entschieden. Ein Kreuz bildet das Zentrum. Zu Füßen des Kreuzes deutet eine in einer Abwärtsbewegung befindliche Gruppe auf die Menschen hin, welche sich zeitlebens von Gott abgewendet haben. Ihnen droht der Untergang im Gegensatz zu denjenigen, die an Christus glauben und ein rechtschaffenes Leben führten. Ihnen steht das 'Himmlische Paradies' bevor. Interessant ist die religiöse Farbsymbolik. 'Blau' wirkt als Farbe der 'Transzendenz'. 'Rot' und 'Schwarz' hingegen symbolisieren den Kampf der Engel und Teufel um die Seelen der Verstorbenen.

...Anders aufgebaut, farblich reicher strukturiert, auf den ersten Blick sogar verwirrend grell ist das Gemälde „Auferstehung“ (1996). Das Bild entwickelt sich aus mehreren Farbschichten, deren seitliche Enden und Grenzen durch die mächtig aufstrebende Gestalt Jesu gebrochen sind. Seine Arme sind waagrecht gespannt. Der Oberkörper ist durch klare Konturen festgelegt. Doch aus der Tiefe schimmert das Licht und lässt die Modellierung im Vagen. Christus hat sich in eine Lichtgestalt verwandelt. Keine Wundmale sind sichtbar, auch das Haupt ist frei von Spuren der Passion. Die linke Bildhälfte liegt im Schattendunkel, der Höhenraum rechts ist hell. Der Künstler reduziert die Darstellung, indem er sich auf keinen bestimmten Ort des Geschehens festlegt, dafür aber wesentliche Momente übergroß und erschütternd zur Anschauung bringt: die aufwärtsstrebenden, dynamischen Kräfte seines nahezu schwerelosen Körpers wie dessen göttliche, allumfassende Kraft. Man könnte es als 'Hoffnungsbild' bezeichnen. Unter dem Drang der 'Jenseitskräfte' hat sich Christus uns geöffnet. Aus den Tiefen brodeln und schießen rote Farbspritzer ins Bild und zeugen von jenem unerschütterlichen siegreich vollendeten Kampf des Guten gegen das Böse. 


Anke Friederichs

Donnerstag, 16. März 2017


Uber eine Sonnen Uhr

Der Schatten misst die Zeit /
in dem er fleucht mit ihr. 
Die Mensch dich mit sich reist /
und du stehst mueßig hir. 
       Andreas Gryphius, 1663



'Energiefluss', 1989, Acryl auf Nessel, 85 x 100 cm 




Auf dem Gemälde 'Energiefluss' geht Rolf Friederichs den Kreisläufen der Natur auf den Grund. Ein Oval aus den Farbmassen Türkis, Violett, Braun und Weiß ergießt sich über ein Flussbett. Im Innern sammeln sich hell leuchtende Gelborangetöne, die mit 'Licht' gleichzusetzen sind. Doch der Kreis ist weder geschlossen, noch bilden die Farbmassen fest umrissene Formen aus. Sie wirken rissig, brüchig und in sich zerfasert. Welt und Dasein haben sich nicht zur Vollkommenheit gerundet. Der Reiz des Bildes ist das Unvollkommene, welches wie eine Triebfeder über sich hinausweisend, organische Prozesse des Werdens und Vergehens umschreibt: Beim Malen kreisen die Gedanken des Künstlers um Material, um Ort und Zeit, und um die Präsenz von Erinnerung und Energie. Wie in einem Strudel, der sich zum Zentrum verdichtet, sind die Linien so angelegt, als befänden sie sich auf unterschiedlichen Raumebenen. Die Einmaligkeit des Pinselstrichs, die Spuren zufällig sich verkrusteter Farbflecken sind Faktoren, welche die Geschehnisverläufe der Natur im Kunstwerk erfahrbar machen. Das Leben kommt nicht zur Ruhe. Es findet sich kein Haltepunkt. Ein Endzustand ist nicht erreicht.     

Anke Friederichs

Donnerstag, 9. März 2017

'Rhapsodie in Red'  


                                                            

'Rhapsodie in Red', 1997, Acryl auf Leinwand, 160 x 140 cm 

Es wäre methodisch nur allzu bedenklich, die abstrakten Bilder des Künstlers auf die Gegenstandswelt zurückzuführen. Selbst das, was Rolf Friederichs in seinen Bildunterschriften oder Bildtiteln beschreibt, ist keine zwingende oder verbindliche Lektüre. Grundsätzlich lehnte der Maler inhaltliche Deutungen seiner Bilder ab. Und wo es nichts zu erklären gibt, sind Titel bestenfalls schmückende Beigaben oder sie werden 'assoziativ', der jeweiligen Stimmung eines Werkes angepasst. So konnte es sein, dass selbst wenn Friederichs schon einen Titel gefunden und auf der Rückseite eines Gemäldes notiert hatte, er sich nicht auf diesen einen Gedanken festlegte, sondern offen blieb für neue, bessere Bildunterschriften. Das vorliegende Werk erhielt nacheinander verschiedene Bezeichnungen, darunter "Eskalation", "Evolution" oder auch "Kirschblüte", bis es schließlich, als Hommage an die Musik George Gershwins, auf den Titel "Rhapsodie in Red" getauft wurde.

Eine wilde wie grandiose Fleckenlandschaft entfaltet das 1997 entstandene gewaltige Gemälde 'Rhapsodie in Red'. Der Betrachter sieht sich einer Bildsprache ausgesetzt, deren Härte und Ungefälligkeit aus scheinbar zufällig platzierten Pinselrhythmen resultiert. Teilweise verdichten sich die Pinselstriche zu schwarzen Flächen. Zuweilen sind kleine aufblitzend rote und blaue Flecken als Reste des einst Schönen und Erbaulichen sichtbar. Im Zuge einer Reduktion auf die Farben Schwarz und Weiß stellt Rolf Friederichs die Bildstruktur in den Vordergrund. Der Pinselauftrag ist zugleich zart und gewaltig, fragil und nervös. Der Künstler zeichnet eine Welt im Entstehen, deren kosmische Vorgänge roh und ungeschliffen, dazwischen Spuren der Bearbeitung erkennen lassen. 

Anke Friederichs 

Mittwoch, 22. Februar 2017



Ab Mitte der 60er Jahre begründete Rolf Friederichs seinen informellen Stil. Nach seinem frühen Interesse für die Werke des 'Abstrakten Expressionismus' und dessen wichtigsten Vertreter, Jackson Pollock, war der Schritt dorthin kein immenser, denn Friederichs pflegte zum damaligen Zeitpunkt eine Aquarelltechnik, in der die grundlegenden Aspekte der Bildfindung und Bildwerdung jener Künstlergeneration - die Freiheit der Pinselschrift, die vollkommene Öffnung des Bildraums und die neue Qualität des großen Formats als Projektionsfläche - erstmals Gestalt annahmen. Seine großen Bildformate ermöglichen es ihm, sich auszuleben. Im Rausch des Malprozesses befreit er sich von dem Zwang, Illusionen zu erzeugen: Auf keinen Fall möchte er etwas machen, was die Natur schon vollkommen gemacht hat. 'Meditatives Malen' könnte man es bezeichnen: Seine Gedanken konzentrieren sich auf den Pinsel und die Farben - und auf das, was aus seinem Inneren kommt.     



'Feuerland', 2003, Acryl auf Leinwand, 100 x 130 cm

'Eissee', 2002, Acryl auf Leinwand, 100 x 140 cm


                                                         
Den Sehgewohnheiten eines realen Bildausschnittes entsprechend sind die Formflächen des Gemäldes 'Eissee' perspektivisch zur Bildmitte hin verkürzt. Man fühlt sich stellenweise an ein Felsenriff oder aus einem Steinbruch gelöste Bruchstücke erinnert, an denen sich die Wogen brechen. Was den Maler zu der Wahl jener Bildform veranlasst hatte, war vielleicht die Faszination heftiger, wilder, unvorhersehbarer Naturphänomene. Dennoch nehmen diese Bilder auf keine realen Schauplätze bezug. Sie überschreiten die Grenzen des Sichtbaren und stehen stellvertretend für das Unvereinbare, nicht Kalkulierbare, dem der Mensch als Individuum oftmals hoffnungslos ausgesetzt zu sein scheint.

Anke Friederichs        






Sonntag, 5. Februar 2017



"Bei mir muss jeder Pinselstrich auf Anhieb stimmen", lautete das vielzitierte Leitwort des Heilbronner Malers und Grafikers, Rolf Friederichs, auf die Frage nach dem Wesen seiner Kunst. In seinen frühen Aquarellen setzte sich der Künstler erstmals mit der Kunst des 'Aus sich selbst Schöpfens' auseinander, indem der nach und nach die Umrisse der Gegenstände zerfließen und deren Formen als Flächen in Erscheinung treten lässt. Außerdem entdeckt er in der Technik des Aquarells das gemalte Licht - und eines seiner künftigen Hauptthemen: die Landschaft. Ein häufig wiederkehrendes Motiv ist der Neckar mit seinen Brücken, die nahegelegenen Felder aber auch Industrieanlagen zwischen Heilbronn und Neckarsulm....





  
        ... Zwar existiert in seinen Aquarellen kein abbildender Raum aus Vorder-, Mittel- und Hintergrund. Dennoch haben seine Werke 'Atmosphäre'. Denn Rolf Friederichs erzeugt Tiefe mit Hilfe eines kompositorischen Wechsels optisch heller, vordringender und zurücktretender, dunkler Farbtöne. Das Gegenständliche ist äußerst fragmentarisch, auf Elemente wie im Licht glänzendes Wasser, vom Sturm aufgerissene Wolkendecken, Ruinen und Uferlandschaften begrenzt. Doch diese Hinweise sind unauffällig und für die Interpretation der Werke weder bindend noch verpflichtend.





....Der bildnerische Prozess ist ein 'Schreibenlassen' der Farbe, was nicht heißt, dass der Heilbronner Maler den Farbfluss dem Zufall überlässt. Es ist ein kontrollierter, im Einvernehmen mit den Emotionen und der Ratio des Künstlers stehender Schöpfungsakt. Nachträgliche Korrekturen und nochmaliges Übermalen vorhandener Farbflächen gestattete sich der Grafiker und Maler daher nicht. Das Farbspekrum reicht von grellbuntem Gelborange bis hin zu Grau und Schwarz. Man kann sich nun darüber streiten, ob Schwarz die Summe aller Farben oder eine 'Nichtfarbe' ist. Für Rolf Friederichs bedeutete Schwarz nichts Negatives, sondern stellte im Gegenteil eine der Farben mit den größtmöglichen Variationsspielräumen dar.  

Anke Friederichs


Aquarelle auf handgeschöpftem Büttenpapier, 15,5 x 20 cm





Montag, 30. Januar 2017


Auf den ersten Blick ähneln sich seine Aquarelle. Viele von ihnen bieten Ansatzpunkte für Vergleiche: Der Künstler verzichtet auf Vorzeichnungen und befreit sich von der Gegenständlichkeit: Nach und nach zerfließen die Umrisse der sichtbaren Welt und ihre Formen werden als zart schwebende Farbvolumina vor dem Weiß des Hintergrundes sichtbar. Im Rausch des Malprozesses wird Rolf Friederichs bald von einem inneren Rhythmus geleitet, der ihn von dem Zwang befreit, Illusionen zu erzeugen. "Ich liebe es, einfach loszulegen, um zu sehen wie sich der Fluss der Farbe entwickelt". Helle, ins Weiß gebrochene Farbtöne treten mit Schwarz und Rot in einen Dialog. All das ist auf eine weiße Bildfläche gesetzt, voll intensiver Klarheit, frontal und allseitig offen.






Nur ansatzweise spürt der Künstler noch den Erscheinungen der Natur nach. Doch während er malte, hörte er auch Musik. An ihr faszinierte ihn das Immaterielle, die Loslösung von der gegenständlichen Form, der sich die Malerei jahrhundertelang verpflichtet fühlte. Wie Musik in Sätzen komponiert wird, malt Rolf Friederichs seine Bilder nun in Zyklen.
Linien und Flächen werden in die Farbdreiklänge, Rot, Blau und Weiß, umgewandelt, die harmonisch aufeinander abgestimmt, im Betrachter Emotionen wecken und zum Denken anregen. Zarte sich auflösende Helldunkelschattierungen treten ergänzend hinzu und zeigen Rhythmus, Wellen und Schwingungen an....
 




Was den Künstler beschäftigt, ist die Suche nach der 'vierten Dimension': Eine Schicht, die im Verborgenen liegt, hinter den sichtbaren Ereignissen. Um diese zu finden, werden Farben und Formen unter dem Einfluss der Musik einem erneuten Studium unterzogen. Hingerissen von den Tönen der Musik verschwindet nicht nur jeder Umriss. Die seitlichen Grenzen des Bildraumes werden aufgelöst. Wie Noten in der Musik tanzen die Farben rhythmisch über die weiße Bildfläche und verleihen dem Bild einen zeitlichen Ausdruck: Sie schaffen die Illusion, dass man Empfindungen innerhalb einer kurzen Zeitspanne Ausdruck verleihen und sie mit nachlassender Intensität wie 'Klänge' in der Musik verstummen lassen kann.      

Anke Friederichs



Aquarelle auf handgeschöpftem Büttenpapier, 15 x 20,5 cm 
 

Montag, 9. Januar 2017


... Von der Farbausdehnung hängt im Wesentlichen die Beachtung ab, die das Auge des Betrachters einer Fläche schenkt. Doch mindestens genauso wichtig wie die Farbe ist die Linie: Dickflüssig und schwer zeichnet Rolf Friederichs meist mit der Farbtube Kürzel und Striche: Diese ragen teilweise nach oben, als wollten sie sich von der Schwerkraft befreien. Dann wieder nähern sie sich anderen Linien an, um eine Fläche zu umschließen oder sie dienen ganz einfach der 'Akzentuierung' und geben das Spannungsgerüst einer bildnerischen Form wieder.
      





Je nach Dominanz und im Zusammenhang mit anderen Kontrasten lassen die Linien das Auge des Betrachters auch länger an einem Punkt verweilen. Ein mitunter spannendes 'Gegeneinander' beginnt, sobald die Linien bei etwaigen Farbverlaufungen in den Werkprozess eingreifen und inhaltlich wie formal die Struktur eines Bildes bestimmen. 

In einigen Aquarellen scheinen auch sehr gegensätzliche künstlerische Ausdruckswerte und Stilrichtungen wie Art Informel und Konstruktivismus zu einer harmonischen Einheit verschmolzen. Das Einzigartige an diesen Bildern ist, dass sie zugleich mehrere Aspekte in sich vereinen: Das Gegenständliche ist flächig und trotzdem hat es einen dreidimensionalen Effekt. Die Fläche wird zum Raum und umgekehrt...





Um nicht der Gefahr des 'Stillstandes' zu erliegen, bricht der Künstler immer wieder alte Strukturen auf und erfindet Flächenformen, die kalkulierter und schärfer nicht ausfallen könnten und ein Gefühl von Maß, Überschaubarkeit und Klarheit vermitteln.

Anke Friederichs



Aquarelle auf handgeschöpftem Büttenpapier, 21 x 15 cm