Mittwoch, 29. März 2017




 
Kreuzigung und Auferstehung


Passion, Triptychon, 1996/1997, Acryl auf Leinwand, je 160 x 140 cm


Auf der linken Seite kämpfen zwei Engel in Verkörperung des 'Guten' und 'Bösen'. Das Bild drückt das Leiden der gesamten Menschheit aus. Sein Ende wird in der Mitte des Triptychons, auf der Darstellung des "Weltgerichts" entschieden. Ein Kreuz bildet das Zentrum. Zu Füßen des Kreuzes deutet eine in einer Abwärtsbewegung befindliche Gruppe auf die Menschen hin, welche sich zeitlebens von Gott abgewendet haben. Ihnen droht der Untergang im Gegensatz zu denjenigen, die an Christus glauben und ein rechtschaffenes Leben führten. Ihnen steht das 'Himmlische Paradies' bevor. Interessant ist die religiöse Farbsymbolik. 'Blau' wirkt als Farbe der 'Transzendenz'. 'Rot' und 'Schwarz' hingegen symbolisieren den Kampf der Engel und Teufel um die Seelen der Verstorbenen.

...Anders aufgebaut, farblich reicher strukturiert, auf den ersten Blick sogar verwirrend grell ist das Gemälde „Auferstehung“ (1996). Das Bild entwickelt sich aus mehreren Farbschichten, deren seitliche Enden und Grenzen durch die mächtig aufstrebende Gestalt Jesu gebrochen sind. Seine Arme sind waagrecht gespannt. Der Oberkörper ist durch klare Konturen festgelegt. Doch aus der Tiefe schimmert das Licht und lässt die Modellierung im Vagen. Christus hat sich in eine Lichtgestalt verwandelt. Keine Wundmale sind sichtbar, auch das Haupt ist frei von Spuren der Passion. Die linke Bildhälfte liegt im Schattendunkel, der Höhenraum rechts ist hell. Der Künstler reduziert die Darstellung, indem er sich auf keinen bestimmten Ort des Geschehens festlegt, dafür aber wesentliche Momente übergroß und erschütternd zur Anschauung bringt: die aufwärtsstrebenden, dynamischen Kräfte seines nahezu schwerelosen Körpers wie dessen göttliche, allumfassende Kraft. Man könnte es als 'Hoffnungsbild' bezeichnen. Unter dem Drang der 'Jenseitskräfte' hat sich Christus uns geöffnet. Aus den Tiefen brodeln und schießen rote Farbspritzer ins Bild und zeugen von jenem unerschütterlichen siegreich vollendeten Kampf des Guten gegen das Böse. 


Anke Friederichs

Donnerstag, 16. März 2017


Uber eine Sonnen Uhr

Der Schatten misst die Zeit /
in dem er fleucht mit ihr. 
Die Mensch dich mit sich reist /
und du stehst mueßig hir. 
       Andreas Gryphius, 1663



'Energiefluss', 1989, Acryl auf Nessel, 85 x 100 cm 




Auf dem Gemälde 'Energiefluss' geht Rolf Friederichs den Kreisläufen der Natur auf den Grund. Ein Oval aus den Farbmassen Türkis, Violett, Braun und Weiß ergießt sich über ein Flussbett. Im Innern sammeln sich hell leuchtende Gelborangetöne, die mit 'Licht' gleichzusetzen sind. Doch der Kreis ist weder geschlossen, noch bilden die Farbmassen fest umrissene Formen aus. Sie wirken rissig, brüchig und in sich zerfasert. Welt und Dasein haben sich nicht zur Vollkommenheit gerundet. Der Reiz des Bildes ist das Unvollkommene, welches wie eine Triebfeder über sich hinausweisend, organische Prozesse des Werdens und Vergehens umschreibt: Beim Malen kreisen die Gedanken des Künstlers um Material, um Ort und Zeit, und um die Präsenz von Erinnerung und Energie. Wie in einem Strudel, der sich zum Zentrum verdichtet, sind die Linien so angelegt, als befänden sie sich auf unterschiedlichen Raumebenen. Die Einmaligkeit des Pinselstrichs, die Spuren zufällig sich verkrusteter Farbflecken sind Faktoren, welche die Geschehnisverläufe der Natur im Kunstwerk erfahrbar machen. Das Leben kommt nicht zur Ruhe. Es findet sich kein Haltepunkt. Ein Endzustand ist nicht erreicht.     

Anke Friederichs

Donnerstag, 9. März 2017

'Rhapsodie in Red'  


                                                            

'Rhapsodie in Red', 1997, Acryl auf Leinwand, 160 x 140 cm 

Es wäre methodisch nur allzu bedenklich, die abstrakten Bilder des Künstlers auf die Gegenstandswelt zurückzuführen. Selbst das, was Rolf Friederichs in seinen Bildunterschriften oder Bildtiteln beschreibt, ist keine zwingende oder verbindliche Lektüre. Grundsätzlich lehnte der Maler inhaltliche Deutungen seiner Bilder ab. Und wo es nichts zu erklären gibt, sind Titel bestenfalls schmückende Beigaben oder sie werden 'assoziativ', der jeweiligen Stimmung eines Werkes angepasst. So konnte es sein, dass selbst wenn Friederichs schon einen Titel gefunden und auf der Rückseite eines Gemäldes notiert hatte, er sich nicht auf diesen einen Gedanken festlegte, sondern offen blieb für neue, bessere Bildunterschriften. Das vorliegende Werk erhielt nacheinander verschiedene Bezeichnungen, darunter "Eskalation", "Evolution" oder auch "Kirschblüte", bis es schließlich, als Hommage an die Musik George Gershwins, auf den Titel "Rhapsodie in Red" getauft wurde.

Eine wilde wie grandiose Fleckenlandschaft entfaltet das 1997 entstandene gewaltige Gemälde 'Rhapsodie in Red'. Der Betrachter sieht sich einer Bildsprache ausgesetzt, deren Härte und Ungefälligkeit aus scheinbar zufällig platzierten Pinselrhythmen resultiert. Teilweise verdichten sich die Pinselstriche zu schwarzen Flächen. Zuweilen sind kleine aufblitzend rote und blaue Flecken als Reste des einst Schönen und Erbaulichen sichtbar. Im Zuge einer Reduktion auf die Farben Schwarz und Weiß stellt Rolf Friederichs die Bildstruktur in den Vordergrund. Der Pinselauftrag ist zugleich zart und gewaltig, fragil und nervös. Der Künstler zeichnet eine Welt im Entstehen, deren kosmische Vorgänge roh und ungeschliffen, dazwischen Spuren der Bearbeitung erkennen lassen. 

Anke Friederichs