Freitag, 16. November 2018



'EIN SOMMERTAG' 



'Ein Sommertag', 2006, Acryl auf Leinwand, 70 x 70 cm 




'Sommertag' und 'Märchenwald' bedeuten Wendepunkte in Rolf Friederichs' malerischem Werk. Grundlage ist nicht die Natur in ihrem jahreszeitlichen Wandel, obwohl es der oben erwähnte Titel, 'Sommertag' durchaus nahelegt.
Der Künstler distanziert sich von den teils engmaschigen Strukturen früherer Landschaftsimpressionen und neigt stattdessen zu glatten Schwüngen mit zarten Umrandungen in Schwarz und Weiß - wie bei einem Glasfenster. Formen wiederholen sich als würden sie von einer unsichtbaren Achse gespiegelt. Weiße Streifen, die wie Fensterkreuze aussehen, schieben sich diagonal dazwischen und eröffnen überraschend neue Blickwinkel für den Betrachter. Friederichs'  Pinselführung ist nicht nur sparsamer auch die Farbpalette ist begrenzter, dafür aber heller und leuchtender. Raffinierte Farbeffekte gewinnen zunehmend an Bedeutung. Rechts hat man den Eindruck, der Maler habe seine in Jahrzehnten geübten Malfäuste gegeneinander agieren lassen. Als Farbflächen in Magenta und Hellrot prallen sie dicht aufeinander. Komplementär dazu wirkt das angrenzende helle Grün eines Wiesenstücks. Der Künstler lässt sich von der fernöstlichen Kunst inspirieren, indem er sich zur äußersten Einfachheit hinreißen lässt. Malspuren gibt es kaum. Die augenscheinlich perfekte Glätte störte ihn nicht, da er die Phase des Experimentierens auf der Leinwand für 'beendet' erklärte. Mit seinen jüngeren Arbeiten möchte er meditative Ruhe, Tiefe und Wärme vermitteln, die im Betrachter auch dann noch nachwirken, wenn er sich bereits vom Bild abwendet.     


Anke Friederichs




Mittwoch, 10. Oktober 2018



'MÄRCHENWALD'  



Märchenwald, 2006, Acryl auf Leinwand, 73 x 73 cm (Privatbesitz)



Ein Blick auf das Gemälde 'Märchenwald' (2006) sorgt für 'Urlaub im Kopf'. Rolf Friederichs bringt die Farben zum Leuchten. Alles wirkt hell und transparent, wie von prismatischem Licht überspielt.
Fest wie Schattenrisse eines Scherenschnittes hat der Künstler Bäume mit den Farben eines Regenbogens in der Fläche verspannt. Ihre Formen sind nicht nur klar, auch ihre Anzahl ist begrenzt. Ein Spannungsverhältnis resultiert hauptsächlich aus deren minimal abweichenden Höhen. Eine nach oben sich öffnende leicht geschwungene Linie hält die Teile untereinander zusammen. Das Werk ist fragmentarisch und vollendet zugleich: Der Künstler lässt viel 'Weiß' als Farbe stehen, ohne jedoch dadurch Gefahr zu laufen, dass die Komposition aus dem Gleichgewicht gerät.  


Anke Friederichs















  

Samstag, 22. September 2018



'WEISSE DÜNE'


'Weiße Düne', 2006, Acryl auf Leinwand, 73 x 73 cm 



… Spektakulär ist die Kulisse auf dem 2006 entstandenen Gemälde 'Weiße Düne': Ein Stück dunklen Sandes, dem sich ein unverbaut weiter Blick bis zum Horizont erschließt. Doch irgendetwas ist anders. Vielleicht liegt es an den Farben: ...Ein kräftiges Orange als Abendsonne mit einem Himmel aus blassen Rosatönen. Dazwischen ein dunkelviolettes Blau als Ozean mit einem Sandstrand aus tiefstem Schwarz. Es sind schöne und intensive Farben, aber ihre Kontraste irritieren und berühren zutiefst. Dann taucht ein heller Fleck am Himmel auf, der wie ein Blitz einschlägt. Täuscht die Landschaft uns etwas vor? Der Blick aufs Meer mit seiner dunkelroten Abendsonne ist packend und intensiv aber auch unheimlich. Man spürt die anhaltende Stille. Kein Mensch, kein Tier, kein Wind, kein Wellenspiel. Als hätte die Natur den Atem angehalten. Vertrautes mischt sich mit Fremdem und fordert den Betrachter auf, sich seine eigene Geschichte auszudenken. Rolf Friederichs' Landschaften, meist von melancholischem Reiz, stehen noch im Vordergrund seines künstlerischen Interesses. Aber ihre stilistische Umsetzung hat sich verändert. Linien und Farbflächen überlagern nicht mehr einander. Weiße Konturen geben der Komposition 'Halt' und Struktur.

Anke Friederichs 






Mittwoch, 15. August 2018


  


 'WENN DIE NACHT KOMMT'...


'Wenn die Nacht kommt', 1995, Acryl auf Leinwand, 78, 5 x 65 cm 





Von der Kraft des Ausgleichs 

In einer lauen Sommernacht unter freiem Himmel zu liegen, ihn zu betrachten und den Abendwolken hinterher schauen. Genau diese spiegeln sich in den filigranen Überlagerungen zarter, im Ansatz sichtbarer, transparenter Linien, die das Werk 'Wenn die Nacht kommt' überziehen. - Ein faszinierendes Schauspiel. Jetzt im August, wo die Nächte wieder früher einsetzen, kann man ähnliche Phänomene erleben und seinen Gedanken freien Lauf lassen. Die letzten hinschwindenden Wolken eines zu Ende gehenden Tages. Romantik pur! Als Gegenpol zum Alltagsstress und um dem Geist Ruhe zu schenken sind die Farben bewusst reduziert gehalten: Elfenbein und Sand, Blau- und Grautöne. Und nur der obere Teil des Bildes ist bedeckt. Der Rest bleibt unbearbeitet. Rolf Friederichs möchte das Bild nicht weitermalen: Das würde die 'Gewichtung auflösen' und das 'milchige Licht' ausblenden, welches die Atmosphäre von unten durchbricht. Dieses Licht braucht man, weil wir damit unbewusst positive Attribute wie Sanftheit, Zartheit, Weichheit, Leichtigkeit und Schwerelosigkeit verbinden.

Anke Friederichs


















Donnerstag, 26. Juli 2018




'NEW YORK I / II'





'NEW YORK I', 2005, Acryl auf Leinwand, 120 x 130 cm 


'New York II', 2005, Acryl auf Leinwand, 120 x 130 cm 


Einige Bilder besitzen Farbformen mit ausgefransten Rändern. Dann wieder existieren Werke mit maximal zwei oder drei Farbblöcken wie 'New York I und II' (2005), deren Ränder sich scharf voneinander abgrenzen. Eine Harmonie besonderer Art hält Einzug, indem Rolf Friederichs nicht mehr als maximal zwei oder drei transparente Farben auf- und übereinanderlegt, wodurch eine lichthaltige Intensität entsteht. Farbfelder gleichen geometrischen Elementen oder sind so angeordnet, als spiegelten sie die Silhouette einer modernen Stadt. In kräftigen Kontrasten aus Schwarz, Rot und Grün prallen Formen des Rechtecks aufeinander.  Ihr innerer Zusammenhalt ist nicht nur durch Klarheit, Ordnung und Ruhe gekennzeichnet. Der Künstler entdeckt auf einmal die Möglichkeit der gleichzeitigen Ansicht eines Körpers von verschiedenen Seiten und seiner kontinuierlichen Auflösung in immer kleinere kubische Formen. Manches verweist auf die Formen vom Bauhaus.
Fast kommt es einem vor, als wolle sich der Maler und Grafiker eine Gegenwelt mit Bildern erschaffen, welche auf die zivilisatorische Realität eine eigene Antwort geben. Man könnte von Werken sprechen, die den Reizüberflutungen, welchen wir täglich ausgesetzt sind, positive Formen entgegensetzen.

Anke Friederichs 







Samstag, 16. Juni 2018





'DER FUJI'


DER FUJI, 1998, Acryl auf Leinwand, 64 x 57 cm 


Der höchste japanische Berg, der bekannte Fuji, bietet sich den Besuchern in einer zumeist wolkenverhüllten Atmosphäre. Schwarz zeichnen sich die Umrisse seiner charakteristischen Form gegen den nächtlichen Hintergrund ab. Parallel springen schwarz gezackte Linien hoch und ähneln einem Gebirge aus schroffen, karstigen Umrissen. Obwohl Rolf Friederichs auf eine räumliche Darstellung verzichtet, sind die Linienschwünge und Flächen so dicht aneinandergefügt, dass der Betrachter die einzelnen Teile der Landschaft unwillkürlich unterschiedlichen Tiefenebenen zuordnet. Dunkelblaue Linien und kreidig verkrustete Farbsubstanzen erzeugen ein malerisches Relief. Dieses wird durch den Zusatz eines Rottons angereichert, der weder grell noch leuchtend, dafür aber nuancenreich und vielschichtig wirkt durch die Beimischung anderer Farbbereiche, wie Grau und Braun. Im Rot sammelt sich die Spannung des Bildes. In sich ruhend wirkt es zunächst verhalten geballt, dann wieder wie ein Fluss ansteigend und nach allen Seiten sich ausbreitend. Vielleicht bedeutet Rot der Anfang eines unaufhaltsamen, vernichtenden Stroms oder es sind einfach nur die Reste austretender Lava. Wie dem auch sei, lag dem Künstler weder etwas daran, eine Naturszene realistisch zu schildern, noch in die Tradition romantischer Landschaftsdarstellungen eingereiht zu werden. Er zaubert mit möglichst geringem Materialaufwand und einem dynamisch farbigen Pinselstrich eine Landschaft aus Felsen, Bergen und Steinen. Die Betrachter werden in die Bilder hineingezogen, nicht weil ihnen die Orte jenes Naturschauspieles bekannt sind, sondern ihre Farben und Formen eine Summe von Erinnerungen an persönlich Erlebtem oder Gesehenem in einer teils rauen, unberührten Natur beinhalten.

Anke Friederichs




















Mittwoch, 23. Mai 2018


'MASKULIN' UND 'FEMININ' 



Feminin, 1999, Acryl auf Leinwand, 65,5 cm x 57, 5 cm 


Maskulin, 1999, Acryl auf Leinwand, 65,5 x 57,5 cm  



... Vielleicht gibt es in Rolf Friederichs so etwas Ähnliches wie eine 'verinnerlichte Expressivität', ein Konvolut an Ausdruckswerten, welches sich halb bewusst halb unbewusst in seinen Werken niederschlägt. In 'Maskulin' und 'Feminin' betrachtet der Künstler die Komposition im 'Großen'.  Einzelheiten werden hier zugunsten einfacher Flächenzusammenhänge geopfert. Scharf ist die Polarität von 'Rot' und 'Schwarz' herausgearbeitet. Weder wirr, noch bloß impulsiv, sondern aussagekräftig bilden sie ein deutliches Oben und Unten, eine Mitte und eine rechte und linke Seite aus. Ihre Oberflächen sind nahezu durchsichtig und klar, mit wenigen Differenzierungen. Gleichwohl 'leben' die Farbflächen, weil der Künstler ihre Ausdehnung ganz unterschiedlich regelt. In 'Feminin' konzentriert er die Grundfarben auf zwei nahezu spiegelbildlich angeordnete Rechteckfelder. In 'Maskulin' rücken die Flächen enger zueinander. Durch die Zuspitzung des 'schwarzen Farbfeldes' kommt es zu einer Verschiebung der Verhältnisse. Das Schwarz hakt sich im weißen Rahmen fest, der sich zusammenzieht und mit zarten Ausläufern in die Rotfläche einschneidet. Linien sind vorhanden, doch der Ansatz ihres Ursprungs lässt sich nicht mehr zurückverfolgen. Sie gehen in der Fläche auf und 'verebben' im Grenzenlosen. ...  


  Anke Friederichs 






   
   

Donnerstag, 17. Mai 2018




'GRÜNE HÖLLE'


Grüne Hölle, 2004, Acryl und Tusche auf Leinwand, 120 x 130 cm; Rathaus Abstatt 


... 'GRÜNE HÖLLE' - der Titel des Bildes gibt Rätsel auf. 'Grün' mit 'Hölle' gleichzusetzen, wäre eine verwegene und von den Absichten des Künstlers abweichende Interpretation. Seine Arbeit meint das Gegenteil. 'Grün' in Kombination mit 'Schwarz' hat durchaus dramatische Züge. Angsteinflößend ist es nicht. In Rolf Friederichs Gemälde steht 'Grün' für Vergänglichkeit und Aufbruch gleichermaßen und ist Teil eines natürlichen, sich erneuernden Kreislaufs. So dunkel es auf den ersten Blick auch scheinen mag - im Vergleich zu unserer wachsenden Alltagstristesse ist diese Farbe wie ein 'Licht am Horizont'.
'Weiß' als Zusatz lässt das Bild nicht nur von Innen heraus leuchten. Mit Hilfe eines zarten, fast wässrigen Pinselauftrags entstehen pudrige, an den Rändern transparent auslaufende Flächen mit plastischem Effekt. "Ziel meiner Arbeiten ist eine von Zwängen befreite, offene Malerei", sagt der Künstler. Wichtig ist ihm dabei die Qualität des Malerischen, nicht des Darstellerischen. Auf einem fast quadratischen Format haben sich Farben und Linien ganz von selbst, ohne äußeren Zutuns wie aus dem 'Nichts' entwickelt. Diagonale Linien durchschneiden den Bildraum von oben und von den Seiten und bilden mit den Farbflächen ein nach allen Richtungen sich dehnendes in Spannung geratenes 'Energiezentrum'. Schwarze Eckpunkte an den auslaufenden Flächen sind keine 'Störfälle', sondern halten die Komposition optisch im Gleichgewicht.      

Anke Friederichs


Mittwoch, 9. Mai 2018




'DER VULKAN'  


'Der Vulkan', 1997, Acryl auf Leinwand, 143 x 200 cm   



Auf der Suche nach dem 'Bild'  

Neue Zeiten brauchen neue Formen. Nach einer Phase der reinen informellen Malerei, wählt der Künstler, Rolf Friederichs, in dem 1997 entstandenen Werk  'Der Vulkan' den traditionellen Umweg über die Gegenständlichkeit. Er sucht neue Inspirationen in der Natur, weil die Intensität des Erlebten dort stärker ist als im normalen Alltag. In ihr findet er Prozesse, deren auslösende Kräfte wir teilweise nur erahnen, weil sie sich nicht direkt vor unseren Augen, sondern in unermesslichen Tiefen ereignen.
Friederichs spürt diesen Prozessen nicht nur nach, sondern er möchte sie auch zeitlich erlebbar machen. Seine Helldunkelkontraste sind impulsiv und übergangslos. Die Art, wie sie sich vollziehen kann man als dynamisch, dramatisch und stimmungsvoll zugleich betrachten. Ungestüm baut sich eine Wand aus grauen Steilfelsen vor uns auf. Lange dunkelblaue Schatten legen sich quer darüber.
Nebelschwaden, mal fädig, dunstig dann wieder kompakt als Farbflecken treiben über die Steilwand hinweg. Düstere Blautöne kontrastieren mit hellem Rot. Dazwischen sind Grautöne mit häufig unvorhersehbaren Brüchen in Weiß-, Schwarz- oder gar Braun. Sie sind mit ein Ausdruck jener immerwährenden Plötzlichkeit, die er als Wirkung nicht nur in seinen Aquarellen, sondern auch an seinen großformatigen Leinwandgemälden erzielen wollte.


Anke Friederichs

Dienstag, 27. Februar 2018



Landschaftsstilleben




'Fluss ohne Wiederkehr', 2000, Acryl auf Leinwand, 129 x 83 cm 



Auf dem Werk, "Fluss ohne Wiederkehr", findet sich der Betrachter in einer endlosen Steppenlandschaft wieder, die abgeschieden und immens groß, Eindrücke der Einsamkeit wie überhaupt das Zurücklassen des Alltags sichtbar macht. Strom und Wasser gibt es in dieser Einöde nicht. Nach monatelanger Dürre und den für die Ernten ausbleibenden Regen haben die Bewohner jenes Landstrichs ihre Häuser verlassen. Gespenstisch muten ihre Umrisse an. Ein weißes Kreuz, links, weist auf eine ehemals an dieser Stelle befindliche Kirche. Ein Kranz von Hügeln umsäumt das Terrain, das mit Hilfe versetzt angeordneter Landschaftsebenen seine tiefenräumliche Struktur erhält. So wichtig wie die Vegetation ist das Licht. Ein Gewitterhimmel braut sich zusammen. Unter ihm scheinen einige Felder orangerot zu glühen. Ihre Farben wechseln zu Dunkelviolett und Schwarz, wodurch sich Düsternis und Unbehagen ausbreiten. Die Farben beeinflussen nicht nur die Stimmung, auch die 'Akustik' verändert sich. Eine Stille breitet sich aus.
In dem Bewusstsein, dass sich die Welt nicht nur aus optischen Eindrücken zusammensetzt, ist dem Künstler die Bildfläche mindestens so wichtig, wie das, was sie abbildet. Friederichs hatte die Spielarten der abstrakten Malerei inzwischen so drauf, dass er, der sich schnell gelangweilt fühlte, neuen Herausforderungen stellen musste. Lange bevor er sich dieser Arbeit widmete, hatte er sich Gegenden angesehen, die Spuren menschlicher Eingriffe aus der Nähe erfahrbar machen. Aus diesem Erfahrungsschatz heraus entwickelte er Kompositionen, die nur in seinem Kopf existieren, aber all das beinhalten, was ihn monatelang beschäftigte. "Was ich will", sagt der Künstler erklärend,(...)"sehe ich vor meinem geistigen Auge". Obwohl einige Umrisse auf gegenständlichen Motiven beruhen, sind sie auch als abstrakt zu lesen. Woher rührt diese Assoziation? Rolf Friederichs' Landschaften sind eine Mischung aus Realem und Erdachtem, aus Konkretem und Imaginärem. In ästhetisch formaler Hinsicht die immer wieder vom Betrachter gemachte Erfahrung der gegenseitigen Durchdringung von Linie, Fläche, Farbe, Form und Raum.

Anke Friederichs 





















       

Samstag, 20. Januar 2018





Radierung auf handgeschöpftem Büttenpapier, 2007, 19 x 19 cm 



"...; ich kann gar nicht anders meine 
Unvollkommenheiten und die Unvollkommenheiten 
des Lebens überwinden, als indem ich den Sinn 
meines Daseins in's Geistige hinüberspiele, 
in's Geistige, vom sterblichen Leib Unabhängige, 
d.h. Abstrakte hinüberrette".    

aus: Franz Marc, Briefe aus dem Felde, 
dat. vom 2.XII.1915 an seine Frau Maria Marc

 

Sonntag, 14. Januar 2018



 
Radierung auf handgeschöpftem Büttenpapier, 2007, 19 x 19 cm



'TEMPEL DER KUNST'

Laßt hundert Stufen aufwärts führen
  Zum Tempel, den ihr weiht der Kunst, 
Daß über eures Alltags Dunst
Sich öffnen seine Flügelthüren!

Daß, wenn in feierlichem Wallen
Ihr seine heitre Höh' erreicht, 
Der Qual des Tages ihr entweicht
   Und ihr gereinigt naht den Hallen!  

Und laßt von Orgelklang empfangen
Der Waller festlich frohe Schar, 
Und Knabenchöre, hell und klar, 
Erhöh'n ihr heiliges Verlangen. 

Die Augen glühn, die Töne schweigen. 
Nun tretet ein: euch grüßt Apoll!
Ihr stiegt empor, des Kummers voll, 
Ihr sollt als Freie niedersteigen!

    Hugo Salus (1866-1929)      

Freitag, 5. Januar 2018






Radierung auf handgeschöpftem Büttenpapier, 2007, 19 x 19 cm



IDYLLEN

...Oft reiße ich mich aus der Stadt los und fliehe in einsame Gegenden:
dann entreißt die Schönheit der Natur mein Gemüt allem dem Ekel und
allen den wiedrigen Eindrüken, die mich aus der Stadt verfolgt haben; 
ganz entzükt, ganz Empfindung über ihre Schönheit, bin ich dann 
    glüklich wie ein Hirt im goldnen Weltalter und reicher als ein König. ...

Salomon Gessner (1730-1788)